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Daniela

Geschichtsstunden: Feminismus. Queer. Tierbefreiung.

Vieles in der Geschichte der Tierrechts- und Tierbefreiungsbewegung ist bisher noch unerforscht, oder wenig bekannt. Insbesondere Frauen finden dabei auch in der Geschichstsschreibung der Tierrechtsbewegung oft wenig beachtung. Dabei gibt es viele, die sich schon früh für nichtmenschliche Tiere eingesetzt haben. In diesem Post teilen wir einige ihrer Geschichten.


Dieser Blogpost wir kontinuiertlich um neue Beiträge erweitert. Eine englische Version des Blogposts gibt es hier.

 

Vegetarische Frauen-Zeitung

Scan einer Seite der Vegetarischen Frauen-Zeitung vom Juni 1925
Scan der Titelseite der Vegetarischen Frauen-Zeitung vom Juni 1925. Credit: http://www.magnus-schwantje-archiv.de

Die Geschichte der deutschen Tierrechtsbewegung ist noch in vielen Teilen unerforscht. Dabei sind es vor allem die Leistungen der Frauen, die bislang noch wenig oder gar keine Beachtung finden.


Bereits im 19. Jahrhundert gab es in Deutschland eine große Anzahl von vegetarischen Vereinen und Organisationen, die oft eine eigene Vereinszeitungen hatten.


Als erster Verein gilt der 1867 von Eduard Baltzer gegründete „Deutsche Verein für natürliche Lebensweise“, welcher tausende Mitglieder zählte. Im Jahr 1910 gründete Martha Förster dann den ersten „Verein vegetarischer Frauen“, welcher monatlich eine Vereinszeitung mit dem Namen „Vegetarische Frauen-Zeitung“ herausbrachte. Martha Förster war Mitherausgeberin dieser Publikation, die bis mindestens 1925 bestand. Die Themen der Vegetarischen Frauen-Zeitung waren vielfältig. So wurde über die grausame Situation von Tieren in Schlachthäusern berichtet, Rezept- und Gesundheitstipps, aber auch Job- und Wohnungsangebote ausgetauscht. Die Zeitung berichtete dabei nicht über Entwicklungen in deutschsprachigen Ländern, sondern auch über vegetarische Vereinsarbeit in Mexico, Ungarn oder den USA. Weiterhin gab es im Verein vegetarischer Frauen erste Bestrebungen, ein Altenheim für Vegetarier:innen zu gründen; eine Institution, die wir uns noch heute sehr wünschen würden.


1931 wurde im deutschsprachigen Raum das Konzept des „Hochvegetarismus“ eingeführt, welches die uns heute bekannte vegane Lebensweise bezeichnet. Der heutzutage weit verbreitete Begriff des Veganismus wurde erst im Jahre 1944 von der Vegan Society in Großbritannien eingeführt.


Die so erfolgreiche Bewegung der vegetarischen Vereine in Deutschland fand durch die Machtübernahme der NSDAP ein jähes Ende. In den Jahren nach 1933 lösten sich die meisten der dutzenden vegetarischen Vereinigungen auf und viele der Verantwortlichen verschwanden im Untergrund. Erst lange nach dem zweiten Weltkrieg gründete sich dann im Jahre 1953 die erste vegane Gesellschaft Deutschlands.



 

Clara Wichmann

(* 17. August 1885 in Hamburg; † 15. Februar 1922 in Den Haag)

Portraitfoto von Clara Wichmann, einer jugen Frau in einem hochgeschlossenen weißen Kleid.
Portraitfoto von Clara Wichmann. Bild-Credit: http://resources.huygens.knaw.nl/bwn1880-2000/lemmata/bwn3/images/WICHMANCG.jpg

Clara Gertrud Wichmann war seit ihrer Zeit als Jura-Studentin in der feministischen Bewegung aktiv. Sie setzte sich unter anderem für das Frauenwahlrecht, Gewaltlosigkeit, und ein Strafsystem das nicht auf Bestrafung beruht, ein. Motiviert von Ideen des Anti-Militarismus und einer anarchistischen Gesellschaft, plädierte sie dabei für den gewaltlosen Widerstand gegen die Staatsmacht.


Clara Wichmann war auch eine Vordenkerin der Tierrechtsbewegung. So schrieb sie bereits 1920 eine Erörterung über die Rechtsstellung nichtmenschlicher Tiere in der menschlichen Gesellschaft („De Nieuwe Amsterdamer“) in der sie auch Bezüge zur Situation von Sklav:innen und Frauen herstellte. Jahrzehnte bevor das Thema der Tierrechte von Peter Singer oder Tom Regan aufgegriffen wurde, forderte sie bereits, Tiere als Wesen mit eigenen Rechten anzuerkennen. Deshalb wird sie auch als Wegbereiterin eines politisch verstandenen Antispeziesismus betrachtet.


Leider werden die bahnbrechenden Ideen von Clara Wichmann heute nur sehr verkürzt dargestellt. So befasste sich das nach ihr benannte Clara-Wichmann-Institut in den Niederlanden ausschließlich mit Frauen-und Kinderrechten.


Sie starb 1922 im Alter von nur 36 Jahren kurz nach der Geburt ihrer Tochter.


“Und in diesem Licht erhalten viele Strömungen unserer Tage Bedeutung. Im Vegeta-rismus und der Anti-Vivisektionsbewegung, so einseitig sie zeitweilig sein mögen, sehen wir eine Reaktion auf die naive Grausamkeit, mit der Menschen Tiere als rechtlos angesehen ha-ben, vielleicht wird ihr Ergebnis keine Zukunft sein, in der ausschließlich Pflanzenkost ver-zehrt und nicht mehr viviseziert wird, aber doch sicher wohl eine, in der die Behandlung der Tiere und das Verhalten gegen die Tiere anders geworden ist. Jede Strömung bringt jeweils anderes zuwege als sie selbst annimmt; und die ganze Gesellschaft ist voller Strömungen, die alle nur Teilergebnisse haben, die sich alle ihr Ziel scharf und absolut stellen müssen, um in der Realität ein beschränkteres Ziel verwirklicht zu sehen.”
- Clara Wichmann in "Die Moral der Gesellschaft der Zukunft"., in: dies., Frau und Gesellschaft, Utrecht 1936 S. 227: Quelle.


Mehr Informationen unter:



 

Rachel Carson

(* 27. Mai 1907 in Springdale, Pennsylvania; † 14. April 1964 in Silver Spring, Maryland)

Rachel Carson an der Küste ihres Cottages in Southport, Maine, in 1955.
Rachel Carson an der Küste ihres Cottages in Southport, Maine, in 1955. Foto mit freundlicher Genehmigung von Martha Freeman.

Rachel Carson war eine US-amerikanische Schriftstellerin, Meeresbiologin und Ökologin und gilt als „Mutter der Umweltbewegung“.


Rachel wurde am 27. Mai 1907 geboren. Ihre Kindheit verbrachte sie auf einer Farm in Pennsylvania. Nach Abschluss der High School begann sie zunächst mithilfe eines Stipendiums am Pennsylvania College for Women (mittlerweile Chatham University), Pittsburgh, Englisch zu studieren, um Lehrerin zu werden. Inspiriert von ihrer Biologielehrerin Mary Scott Skinker, wechselte sie jedoch ihr Fach von Englisch zu Biologie, als eine von nur drei Frauen. 1929 erhielt sie erneut ein Stipendium, diesmal für ein Masterstudium in Zoologie an der Johns Hopkins Universität.


1951 erschien ihr Buch „The Sea around us“, welches zwei Jahre lang auf der Bestsellerliste der New York Times stand und in 30 Sprachen übersetzt wurde. In ihrem Buch bietet sie in einer Kombination aus Wissenschaft und Prosa einen faszinierenden Einblick in die Geheimnisse der Weltmeere.


Zu dieser Zeit wurde in den USA zunehmend mit starken Pestiziden wie DDT gegen Insekten auf Agrarflächen vorgegangen; insbesondere bei anfälligen Monokulturen, die weltweit immer üblicher wurden. Der Pestizideinsatz hatte gravierende Folgen für das ökologische Gleichgewicht.


Im Jahr 1962 erschien Rachel Carsons wichtiges Werk „Silent Spring - Der stumme Frühling“. In ihrem Buch kritisiert sie die Auswirkungen von Pestiziden auf die Umwelt. Die Chemieindustrie warf ihr vor, sie würde „fanatisch den Kult des Gleichgewichtes der Natur“ verteidige, und ging juristisch gegen sie und ihr Buch vor.


Rachel Carson war zu diesem Zeitpunkt bereits schon schwer an Brustkrebs erkrankt. Sie arbeitete dennoch oft bis zur Erschöpfung an ihren Anklageschriften, unter anderem auch gegen den Chemiekonzern Monsanto. Aufgrund ihres Einsatzes wurde DDT in den 1970er Jahren in den meisten westlichen Ländern verboten.

Sie gilt bis heute als mutige Vordenkerin, die wichtige Fragen über komplexe ökologische Zusammenhänge und die Rolle des Menschen als Teil der Natur stellte.


Rachel Carson starb im Alter von 56 Jahren.


Drei Wochen nach ihrem Tod wurde ein Teil ihrer Asche von Dorothy Freeman in Maine ins Meer verstreut. Rachel und Dorothy hatten sich dort 12 Jahre zuvor kennengelernt und ineinander verliebt.

Auch wenn die beiden offiziell kein Paar sein konnten (Freeman war u.a. verheiratet und hatte einen Sohn), schrieben sie sich leidenschaftliche Liebesbriefe. So schrieb Carson an Freeman “I love you beyond expression”, und Freeman antwortete mit “My love is boundless as the Sea”.


“Until we have the courage to recognize cruelty for what it is -- whether its victim is human or animal -- we cannot expect things to be much better in this world. We cannot have peace among men whose hearts delight in killing any living creature. By every act that glorifies or even tolerates such moronic delight in killing, we set back the progress of humanity.” - Rachel Carson

Mehr Informationen unter: http://www.rachelcarson.org

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